Stammbuch der igl. priv. Musikvereins. Aufforderung an alle Kunst- Freunde. Unter den schönen Künsten, deren Kultur den Genuß des menschlichen Ubens so sehr veredelt, daß sie jedem gebildeten Manschen zum Bedürfniße wird, ist bekanntlich die Tomkunst diejenige, deren Zauberkräfte nicht nur dem eunzelnen Menschen eine unerschöpfliche Quelle des Vergnügens gewähren, sondern auch vorzüglich geeignet sind, das Gefühl des Schönen Wahren und Guten zu bilden, zu erhöhen, und zu verbreiten. Um diese erhabene Bestimmung zu erreichen, den wahren Kunstgenuß hervorzubringen, ist eine mechanische Fertigkeit auf irgend einen Tonwerkzeuge nicht hinreichend, sondern es muß diese Kunst in Ihrem Geiste aufgefaßt, nach ihren wissenschaftlichen Grundsätzen behandelt, in ihren Gesammtwirkung ergreifen werden. Diesen Zweck zu erreichen haben größere Städte schon früher philharmonische Vereine sogenannte Musikkonservatorien errichtet, diese Anstalten haben sich später in kleinere Städten verhältnißmässig nagechbildet, und es scheint nur eines ernstlichen Willens, eines thätigen Zusammenwirkens der zahlreichen Gebildeten dieser k. Stadt zu bedürfen, um auch unter uns diese Blume des verfeinten Genußes zu erziehen und inheimisch zu machen. Zu diesen hohen Endzwecke würde bereits die Errichtung einer Gesangschule begründet, und zur Ausführung gebracht, deren daseyn das dringendste Bedürfniß befriedigen soll, weil Vocal Musik, nicht nur als die Angenehmste und unentbehrlichste, sondern auch als die Grundlage jeder echten Musik Kenntniß von jeher anerkannt worden ist. Nach einer entsprechenden Aufnahme dieser Anstalt soll auch zum Unterrichte und zur Kultur anderen Tonwerkzeuge so schnell als möglich übergangen, und so nach und nach wie harmonisches Ganzes zu Stande gebracht werden, diesen Wirksamkeit auch bey dem feyerlichen Gottesdienste angewendet werden soll. Diesem Ziele glaubt man durch folgende Anstalt, welche mit dem nächsten Monathe Juny ihren Anfang nehmen soll, näher zu kommen. 1stens Soll ein anständiges geräumiges Locale gemiethet, und in demselben nicht nur während der bestimmter Stunden der Musikunterricht ertheilet, sondern auch die Musik proben, und ordenlichen Productionen abgehalten, die bey den bisherigen verschieden Casino- Unternehmungen beygeschaffen, und itzt aus dem Fonde der Anstalt etwa noch beyzuschaffenden Errichtungsstücke, musikalische Werkzeuge, Musikwerke, und Unterrichtsapparate aufbewahret und genau verzeichnet werden. 2tens Jeder Kunst und Musikfreund, welcher von Gemeinsinn und Kunstliebe beseelet, zu diesem schönen Zwecke mitzuwirken bereit ist, leistet zur Dekung der mit dieser Anstalt nothwendig verbundenen Auslagen, einen monatlichen Beytrag mit Einem Gulden W. W. wofür derselbe nebst dem Bewustseyn ein gemeinnütziges Unternehmen zu fördern, auch noch das Recht erhält, sich von dem Fortgange desselben von Zeit zu Zeit zu überzeugen, den ordentlichen Productionen grüßerer Musikstücke, welche beyläufig einmal in einem Monate gegeben, und zu welchen jedem Theilnehmer zwey Eintrittskarten ertheilet werden, unentgeltlich beyzuwohnen, auch nach Umständen von den bey der Anstalt angeschaften Musikwerken, welche immer das Erste und Neueste besonders für Gesang und Fortepiano enthalten sollen, Gebrauch zu machen. 3tens Aus diesen Beyträgen sollen auch nach Möglichkeit solche Individuen, deren Kunst nach Brod gehen muß, und deren Mitwirkung zum Ganzen unentbehrlich ist, für ihre Verwendung bey den Übungen und Productionen eine billige Entschädigung erhalten. 4tens Herr Jakob Hönigfeld, welcher aus Liebe zur Kunst und für diesen gemeinnützigen Zweck seine mit großen Aufwande beygeschaften vorzüglichen Instrumente bey diesen Unternehmen unentgeltlich überläßt, wird auch seiner unermüdeten Eifer zur Beförderung der Anstalt verwenden. 5tens Die Oberleitung derselben die Oberaufsicht, daß dem Zwecke thätig nachgekommen, die Beyträge auf das Nützlichste verwendet werden, wird in der Uiberzeugung von der Zweckmäßigkeit dieser Anstalt jedoch nur provisorisch der Titl. Herrn Bürgermeister Anton Aloys Keller unter der Mitwirkung des Herrn Magistratsraths Franz Schwabe die Verrechnung der Beyträge ebenfalls provisorisch der Herrn Justiziär Kratochwilla und Herr Johann Victorin übernehmen, bis sämmtliche H. H. Theilnehmer durch ihre Wahl eine bestimmte Verfügung deßgalb getroffen haben werden. Alle Dilettanten der schönen Kunst, alle verehrer dieser holden Muse, alle Freunde der Bildung und des geseligen Vergnügens werden ihren Beyfall diesem gemeinnützigen Unternehmen ertheilen, und für ihre thätige Mitwirkung nicht nur in dem eigenen Kunstgenuße, sondern auch in dem schmeidelhaften Bewustsein das Wahre, Schöne und Gute begründet und mitbefördert zu haben, den schönsten Lohn zu finden wissen. Iglau den 17ten May 1819. Obsah |