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Statuten des katholischen Gesellen- Vereines in Wischau


Motto
Religion und Tugend, Arbeitsemkeit, Liebe und Heiterkeit.

Zweck.
Fortbildung und Unterhaltung der Geseller zur Anregung und Pflege eines thättigen religiösen und bürgerlichen Sinnes und Lebens, und dadurch eine tüchtigen, ehrenwerthen Meisterstand heranzubilden.

Mittel.
Unterricht in der Religion und enderen zur Bildung des Gewerbemannes beitragenden Gegenständen: Gesang, Lesen guter Bücher, gegenseitige Besprechung und Unterhaltung, gemeinsame Erbauung durch gewissenhafte Erfüllung der Pflichten eines katholischen Christen.
Die Auslagen des Vereines werden aus freiwilligen Beiträgen der Wohlthäter und Förderer, dann aus den wöchentlichen Beiträgen der Mitglieder bestritten.

Organisation des Vereines.
§. 1. Der Verein besteht aus dem Vorstande und den Mitgliedern.

A. Von dem Vorstande.
§. 2. Der Vorstand besteht aus zwei Abtheilungen:
a/ dem engeren Vorstande
b/ dem Schutzvorstand.

§. 3. Der engerer Vorstand oder die unmittelbare Leitung des Vereines zukommt besteht
a/ aus dem Präses, welcher immer ein katholischer Geistlicher sein muß
b/ dem Vicepräses
c/ dem Lehrern
d/ dem Sekretär
e/ dem Vereinsältester und
f/ den Assistenten des Vorstandes.

§. 4. Der Schutzvorstand wird vom engern Vorstand gewählt, respective zur Uibernahme des guten Werkes gebeten, und besteht aus 3 oder 4 durch ihre Stellung besonders hervorragenden Persönlichkeiten der fördernder Mitglieder des Vereins, fördernde Mitglieder des Vereins sind alle jene, welche das Bestehen und Gedeihen des Vereins zu fördern sich zur angenehmen Pflicht machen.

§. 5. Die Mitglieder des engen Vorstandes und das Schutzvorstandes machen den Gesammtvorstand aus.

§. 6. Vertreter des Vereins ist der engere Vorstand und zuletzt der Präses.

§. 7. Der Präses wird vom Gesammtvorstande gewählt, respektive zur Uibernahme des guten Werkes ersuche. Er ist der Vater des Vereins und sorgt als solcher für die genaue Handhabung der Vereinsstatuten. Er berathet alle Angelegenheiten des Vereins mit dem Gesammtvorstande und hat bei getheilten Meinungen, außer dem Falle einer absoluten Stimmenmehrheit, entscheidende Stimme.
Er verwaltet sein Amt auf unbestimmte Zeit und er desselben niederlegen will, so muß er, außer dem Falle einer unerwarteten Amtsversetzung 3 Monate vorher anzeigen. In den Vereinsversammlungen führt er den Vorsitz.
§. 8. Der Vicepräses wird vom Präses ernannt und vertritt im Falle der Noth die Stelle des Präses.

Von den übrigen Gliedern des engeren Vorstandes.
§. 9. Die Lehrer tragen die auf das Ersuchen des Präses freiwillig übernommene Gegenstände den Vereinsgesellen auf eine ihren Bedürfnissen angemessene Art unentgeltlich vor, und verpflichten sich bei der Uibernehmen ihren etwaigen Austritt wenigstens 4 Wochen vorher dem Präses anzuzeigen.

§. 10. Der Sekretär wird vom Vorstande auf unbestimmte Zeit gewählt, führt in der Sitzung des Vorstandes das Protokoll, und unterstützt den Präses in seinen Geschäften. Seinen Austritt muß er 2 Monate vorher dem Präses anzeigen.

§. 11. Der Kassier wird ebenfalls vom Vorstande gewählt, verwaltet das Vereinsvermögen und legt alle 3 Monate Rechnung. Sein Austritt muß 2 Monate vorher dem Präses angezeigt werden, und kann erst nach gelegter Rechnung erfolgen.

§. 12. Der Vereinsälteste wird von den Gesellen aus den Mitgliedern nach absoluter Stimmenmehrheit auf ein halbes Jahr gewählt. Die geschehene Wahl unterleigt der Bestätigung des Präses. Der Vereinsälteste übernimmt die Beiträge und führt sie an den Kassier ab.

§. 13. Die Ordner überwachen das äußere sittliche Betragen einzelner Mitglieder, erhalten die Ruhe und Ordnung im Vereinslokale und bringen die Anliegen ihrer Mitbrüder dem Präses vor. Sie werden von den Gesellen auf ein Vierteljahr nach absoluter Stimmenmehrheit gewählt.

§. 14. Die Abhaltung dr Vereinsfeste bestimmt jedesmal der engere Vorstand.

§. 15. Alle Mitglieder des engern Vorstandes haben in den Versammlungen, zu welchen jedesmal erschienen sollen, Sitz und Stimme.

§. 16. Die Mitglieder des Schützenvorstandes haben das Recht mit Sitz und Stimme den Versammlungen des Gesammtvorstandes beizuwohnen, den Verein jederzeit zu besuchen, und von allem, was geschieht, Einsicht zu nehmen. Die förderenden Mitglieder haben ebenfalls das Recht den Verein jederzeit zu besuchen, und von allem, was geschieht, Einsicht zu nehmen.

Vom Gesammtvorstande.
§. 17. Rechtsgültige für den ganzen Verein verbindliche Beschlüße werden durch den Gesammtvorstand mit absoluter Stimmenmehrheit gefaßt.
Vereinsstreitigkeiten werden vom Gesammtvorstande in Güte beigelegt; wo der gütliche Vergleich nicht ausreicht, dem kompetenten Richter zur Amtshandlung überwiesen, insofern dieselben in dessen Wirkungskreis gelegen sind; anderweitige Streitigkeiten entscheidet rechtsgültig ein Schiedsgerich, wozu beide Theile 2 Schiedsrichter und diese einen Obmann wählen. Der Gesammtvorstand hält in der Regel alle Vierteljahr eine Versammlng, um die Rechnung zu revidieren und andere Angelegenheiten zu besprechen. Nur er mit Ausschluß der Geselen ferfügt über die Auflösung des Vereins, wozu 2 Drittheile der Stimmen erforderlich sind, die Auflösung muß der k. k. Statthalterei angezeigt werden.
Über alle Versammlungen werden Protokolle geführt, welche von allen anwesenden Mitgliedern des Gesammtvorstandes zu fertigen sind.

§. 18. Jede Aenderung der Statuten muß der hohen k. k. Statthalterei zur Genehmigung vorgelegt werden. Der Staatsverwaltung bleibt das Recht vorbehalten in die Geschäftsgebahrung des Vereins Einsichts zu nehmen und dem Vereine nothigen Falls einen landesfürstlichen Comissar beizugeben.

§. 19. Alle fällige Ersparniße werden fruchtbringend eingelegt, und im Auflösungsfalle des Vereins ganzes Vermögen über Beschluß des Gesammtvorstandes zu wohlthätigen Zwecken verwendet.

B Mitglieder des Vereines.
§. 20. Mitglied des Vereins kann jeder katholische Geselle in Wischau werden, der einen christlichen Lebenswandel führt, oder zu führen entschlossen ist.

§. 21. Die Anmeldung zur Aufnahme geschieht beim Präses, und wenn gegen den Angemeldeten binnen 4 Wochen kein geründeter Einspruch geschieht, so wird er förmlich aufgenommen.

§. 22. Die förmliche Aufnahme wird am 1te Sonntage in jedem Monate vom Präses vorgenommen, der Aufgenommene wird in das Mitglieder- Verzeichniß eingetragen und bekommt die Vereinskarte, welche mit der Unterschrift des Präses und dem Vereinssiegel versehen ist.

§. 23. Von dem Tage der Aufnahme an ist jedes Mitglied verpflichtet wöchentlich 2 Neukreutzer an die Kranken und Festkasse zu entrichten.

§. 24. Ausgeschlossen aus dem Vereine wird jeder, der sich eines öffentlichen Vergehens gegen die Gesetze oder gegen die Sittlichkeit schuldig macht, dann derjenige, welcher es fersucht, ein Mitglied auf unsittliche Wege zu führen.

§. 25. Die Anzeige eines strafwürdigen Mitgliedes geschieht dem Präses.

§. 26. Wre sich eine Uibertretung der Statuten zu schulden kommen läßt, wird zuerst von den Ordnern in Güte ermahnt, wer darauf nicht hört, dem Präses angezeigt. Fügt sich der Angezeigte dessen Weisung nicht, so wird er aus dem Vereine entlassen.

§. 27. Die Wiederaufnahme des Ausgeschlossenen geschieht nach erprobter Besserung auf die im §. 21 und 22 angedeutete Art.

Von den Vereinsversammlungen.
§. 28. Das Vereinslokale ist an Sonn- und Feiertagen von 8 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends, an Wochentagen von 7 bis 9 Uhr Abends für jedes Mitgleid offen. Ausgenommen ist die Zeit des Gottesdienstes.

§. 29. Den Unterrichtsplan entwirft für jedes Vierteljahr der Vorstand. unterrichtet wird: a in der Religion, b im Gesange, c im Aufsatz und Rechnen, d im Zeichnen und Modellieren, e in der Geographie und Geschichte, f in der Naturlehre und g in der Technologie - alles mit Berücksichtigung der Gewerbe. Die Behandlung der Politik und gchüsiger religiöser Polemik ist untersagt.

§. 30. Wer an einem bestimmten Unterrichte Theil nehmen will, muß sich bei dem betreffenden Lehrer melden, und sich seinen Anordnungen unterwerfen.

§. 31. Die Zeit außer den Unterrichtsstunden ist für anständige Unterhaltung und Lektüre aus der Vereinsbibliothek bestimmt.

§. 32. Personen, welche zum Vereine nicht gehören, dürfen nur mit Erlaubniß des Präses das Vereinslokale besuchen.

Geistliche Lebensregeln der Vereinsgesellen.


Die Mitglieder des katholischen Gesellenvereins verpflichten sich:
1. Ihr Morgen und Abendgebet andächtig, und wo möglich kniend zu verrichten.
2. Täglich die bekannte Antiphon: Unter deinen Schutz und etc., dann das Gebet zum h. Joseph: Wir bitten dich o Herr! ferner ein Vater unser und Ave Maria mit dem Schluße: Heilige Maria, h. Joseph, bitte für uns beten.
3. An jedem Sonn und Feiertage der Predigt und der h. Messe, so wie auch dem h. Segen möglichst gemeinschaftlich beizuwohnen.
4. An Sonn- und Feiertagen nach Vorschrift des 3 Gebotes Gottes und des 1ten Kirchengebotes nicht zu arbeiten; dagegen an allen Werktagen fleißig zu arbeiten.
5. Gegen den Meister und den Vorgesetzten sich jederzeit ehrerbietig und folgsam, gegen seine Mitgesellen freundlich und liebvoll zu benehmen.
6. Die Lehrjunge ohne Hürte jedoch mit Ernst zur Ordnung und Gottesfurcht anzuleiten, ohne dem Vorrechte des Meisters nahe zu treten.
7. Den Besuch unsittlicher Häuser, den Verbohr mit unsittlichen Personen, so wie alle Fluch und Scheltworte, und alle Excesse zu vermeiden.
8. Das nächtliche Schwärmen und Lärmen ganzlich zu vermeiden, und Abends bei Zeiten nach Hause zu begeben.
9. Die Anhörung des Religionsunterrichtes im Vereine nie zu versäumen.
10. Die kirchlichen Fasten genau zu halten.
11. Bei hl. Sakramente der Buste und des Altars im Sinne der Kirche öfter im Fahre wo möglich gemeinschaftlich zu empfangen.
12. Der Kranken und nothleidenden Vereinsgesellen sich anzunehmen und sie zu unterstützen.
13. Die verstorbenen Mitglieder des Vereins zu Grabe zu beglieten und für dieselbe zu beten.

Wischau am 31ten Juli 1859.

Schutzvorstand

Ferdinand Friben
Erzprester, Bezirksdechant und Pfarrer allda
Johann Philipp
Kaplan, Präses und Religionslehrer
Alois Bunsch Ferdinand Schmidt
k. k. Obercanc., Vice Präses
Dor Jos. Adamcžik
k. k. Notar und mähr. schl. Landes Advokat
Rudolph Fischer
Handelsmann, Cassier und Lehrer der Buchführung
Johann Holoubek
1. Kaplan in Wischau
Mathias Sedlacžek
Lehrer und Sekretär
Franz Nowak
Stadt und Musterlehrer, Lehrer der Geographie und Geschichte
Mathäus Aujezdsky
Lehrer im Rechnen, Lesen und Naturlehre
Alois Ambros
Unterlehre und Lehre des Gesanges
Johann Michalek
Unterlehrer und Lehrer der Schreib und Zeichenkunst
Christoph Fritsch
Johann Fritsch
Tuchmacher
Joseph Pernitza
Kriegelmacher
Johann Alturban
Tuchmacher
Johann Otewøel
Weber
(MZA Brno fond B 13 karton 1480 sign. 2/33 V, schváleno místodržitelstvím 1.1.1860 pod è. j. 10 371/1859)

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Obsah